kunstvollaltern und lebenskunstvollsterben

unterstützt Höhen und Tiefen kunstvollen Alterns mit Fantasie, Fotografie, Poesie, Clownerie

An meinen Lektor

Lieber Sebastian,

Deine email hat mich heute aus dem Kohlenkeller meines Gemüts gelockt. Weißt Du, mein Leben ist wie eine Kerze, die ich (oder wer?) an beiden Seiten angezündet habe/hat. Die feste Struktur zerfließt natürlich außerordentlich schnell und heiß und zurück bleibt eine weiche, knetbare Wachsmasse und ein verkohlter (Lebens - ) Faden. Nach einer Weile kratze ich (oder wer?) alles fein säuberlich zusammen und den Rest kannst Du Dir denken......
Sissipha läßt grüßen.
Die Informationsfülle, nicht nur im Netz ermüdet mich sehr. Meine Versuche, ein „gesundes Mittelmaß“ zu finden enden immer, immer mit Mast - und Schotbruch. So schwanke ich schon mein ganzes Leben zwischen endgültigem Aufgeben und neuen Anläufen. Da ich trotz dieser „Eigenarten“ erstaunlich kontinuierlich kleine Erfolge habe, die mein Leben, sozusagen wie nebenher, zufrieden machen, neige ich dazu, wann immer es mir gelingt, diese extremen Schwankungen hin zu nehmen und mir auch oft zu verzeihen. Beide Phasen lassen sich mittlerweile höchst kreativ nutzen.

Nun sind dieses ja sehr persönliche Anmerkungen, die andere zwar schnell bemerken, aber,
höflich - verlogen wie die meisten von uns nun mal sind, nicht thematisieren und verschämt davor alle Augen schließen. Selbst das „dritte Auge“ ist davon intensiv betroffen. Solche Menschen wie ich sind nervig, unangepasst, störrisch, nie pflegeleicht, aber von einer kreativen kommunikativen, manchmal überbordenden Begeisterung, die auch mitreißen kann, wenn Mann/Frau sich einlassen will.
Ein Lektor sollte das wissen. Jedenfalls ist mir das wichtig, weil sonst scheinbar unmotivierter Rückzug vorprogrammiert ist und ein Kontakt nur mit geduldigen Reflexionen möglich ist.
Zum Beispiel ist das meinem Flötenlehrer und mir gelungen. Wir haben gerauft, gesponnen und uns gefunden und das hält lange
Nun weißt Du sicher, dass jede/r Deiner AutorInnen, jeder auf seine Weise ein Mimöschen ist und hast zweifelsohne gelernt, sie zu „schaukeln“.
Ich brauche den offenen Umgang damit und habe das Bedürfnis, mich abzusichern, dass ich auch mit meinen Meisen auf Deinem Draht sitzen darf.

Natürlich ist auch meine Schreibe damit getränkt. Ich suche und finde das Süße im Schmerz, das Veilchen im Vorjahreswinterlaub......den Buddha im Bettler.
Ich gehöre eindeutig nicht zu den intellektuellen Dichtern, sondern zum emotionalen Sauhaufen, der nie ernst genommen wird. Und doch weiß ich, wie sich ein Gedicht anfühlt, aus dem das „Ich“ und von mir aus auch das „Du“ verschwunden ist.
Fazit : Gerne möchte ich, dass Du mich mit meinen Macken schätzt, so wie ich Dich mit Deinen, wenn Du überhaupt welche hast (grins). Des weiteren muss ich langsamer gehen.
Was hälst Du von folgendem Vorschlag :

Erst einen Gedichtband : Arbeitstitel: Sichtwaisen, 100 Gedichte, die meisten bereits lektoriert,

das Konzept und die Verlagssuche von Dir, eine Summe, plus dem verabredeten Erfolgshonorar. Die Gedichte hast Du, einige sollten aus meinem Gedichtband wiederholt werden und , wenn noch ein paar fehlen, schicke ich noch welche.
Das Kinderbuch und die Text - Bilder – Bücher von Wiebke und mir ganz nach hinten schieben, und die Originale einfach an uns zurückschicken.
Und nun zum Wesentlichen, an dem auch Du vermutlich mehr interessiert bist :
Mein Traum : Ein Buch : Arbeitstitel : kunstvollaltern
( Auch Du alterst bereits und stellst die Weichen für …..)

In meinem Kopf ist ein Wust von Kapiteln und Geschichten. Ich habe weder je einen Roman geschrieben, noch ein Sachbuch, und will das auch gar nicht.

Die Idee

Du, oder Matthias, (wenn Du überhaupt nicht wollen wolltest), also ein junger Autor (gerne will ich einen Mann) schreibt ein Buch als eine Art Dialog mit mir zusammen. Ich meine nicht meine Lebensgeschichte oder Biografie, das finde ich langweilig, sondern kluge Fragen, die mit erarbeiteten Lebensmaximen (Vielleicht in Metaphern oder Gleichnissen) beantwortet werden. Ein Gespräch auf Augenhöhe, ich meine wirklich Augenhöhe....

das ist mein Alterswunsch, aufzuzeigen, dass, wenn Generationen miteinander übers Altern reden wollen, es möglich ist, eine tragfähige Lösung zu finden. Meines Erachtens kann das Buch ein wichtiger Beitrag zum Thema „Demografischer Wandel“ in unserer Gesellschaft sein.
Ich würde Dir per Dauerauftrag bis Mitte nächsten Jahres monatlich 100 Euro schicken, ab da sind auch zweihundert möglich. Solange, bis ich genug bezahlt habe. Und Du arbeitest so daran, das Deine Budget – Vorstellung stimmt, egal, wie lange es dauert.

Kann man einer alten Frau etwas abschlagen? DU NICHT

Im Ernst, gerne täte ich das machen wollen, aber Du entscheidest ganz allein für Dich selbst.
Ganz liebe Grüße und herzlichen Dank, das Du mir bis hierher gefolgt bist.

Hanna
und Wiebke hat's gelesen und abgesegnet.